Bibelsoaps in Brasilien: "Das gelobte Land"
Verhüllte Tatsachen - der Karneval, die Samba und der Bürgermeister
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Karneval in Rio de Janeiro, Brasilien.
Der Karneval in Rio ist in vollem Gange. Schon am Wochenende vom 18./19.2 tanzten hunderttausende Narren durch die Stadt. Teils wild verkleidet, teils kaum bekleidet waren sie schwitzend bei 38 Grad Celsius bei den diversen Straßenumzügen dabei und tanzten zu Sambarhythmen. Auch die meisten der über eine Million erwarteten Touristen sind schon da und können im Sambadrom, der vor über 30 Jahren erbauten Defiliermeile der großen Sambaschulen, einen Blick auf die letzten Vorbereitungen zur größten Party Brasiliens erheischen.
Doch dieses Jahr gibt es einen Spielverderber: Marcelo Crivella, seit knapp zwei Monaten Bürgermeister der Stadt am Zuckerhut, hält nichts von dem närrischen Treiben. Er ist – sofern er nicht gerade ein politisches Amt, wie zuletzt einen Sitz im Senat bekleidet – Bischof der Neopfingstkirche "Universalkirche des Reich Gottes", kurz IURD. Das feuchtfröhliche Karnevalstreiben kann Crivella nicht mit seinen freikirchlichen Überzeugungen in Einklang bringen.
Crivella ist der erste Bürgermeister von Rio, der darauf verzichtet, sich nach seinem Amtsantritt im Sambadrom als Mann des Volkes zu präsentieren. Die Feiertage verbringt er im Ausland. Er hat nicht einmal am vergangenen Freitag den Stadtschlüssel an König Momo übergeben, das musste sein Stellvertreter übernehmen. Die für die Stadtverwaltung reservierten Plätze auf der Ehrentribüne im Sambadrom wurden zuvor demonstrativ versteigert.
Bei der evangelikalen Wählerschaft, die inzwischen brasilienweit auf 25 Prozent geschätzt und in den Armenvierteln von Rio weit größer ist, kommt Crivellas Standhaftigkeit gut an. Bei den Karnevals-Fans erntet er eher Kopfschütteln. Eine komplizierte Situation für Crivella - er sitze zwischen den Stühlen, meint Politikwissenschaftler Geraldo Tadeu Monteiro. "Immer haben die Bürgermeister von Rio an den wichtigen Festen der Stadt teilgenommen, das war überhaupt keine Frage. Diese Entscheidung von Crivella zeigt, in welche Richtung seine Regierung in den kommenden vier Jahren steuern wird", erklärte Monteiro in der Zeitung "O Globo".
"Samba ist ein Kulturgut"
Vergangenes Jahr hatte die Universalkirche ihre Gläubigen aufgerufen, dem Karneval fernzubleiben. Unter den unzähligen Pfingst- und Neopfingstkirchen Brasiliens zählt die IURD zu denjenigen, die konsequent die Einhaltung ihrer Vorschriften predigen – keinen Alkohol, züchtige Kleidung, Enthaltsamkeit, keine ausgelassene Musik ohne Gottesbezug. Doch Crivella ist zu einer Gratwanderung gezwungen, denn Rios Karneval ist geradezu ein Heiligtum. So verzichtete er trotz der akuten Finanzkrise der Stadt auf eine Kürzung der staatlichen Mittel für das Spektakel. Und die städtische Koordinationsstelle für sexuelle Vielfalt verteilt im Namen seiner Regierung 2,5 Millionen Kondome und 236.000 Tuben Gleitmittel kostenlos auf Bahnhöfen und vor dem Sambadrom.
Um seine Anhänger gerade in den Favelas, den Armenvierteln, nicht zu verprellen, lobte Crivella im Vorfeld der Riesenparty sogar die Samba, die dort einst von Afrobrasilianern ins Leben gerufen wurde. "Samba ist ein Kulturgut Rio de Janeiros, und meine Regierung wird diese Kultur weiterhin schützen. Meine Familie und ich applaudieren der Samba als einer der schönsten populären Ausdrucksformen und ich garantiere dem Karneval genügend finanzielle Ausstattung", so Crivella.
Allerdings musste sich nicht zuletzt auch die berühmte "Globeleza" für den Karneval 2017 verändern. "Globeleza" - ein Wortspiel aus dem Namen des Fernsehsenders "Globo" und dem Wort Schönheit - "beleza"– ist eine Karnevalstänzerin, die alljährlich im Jingle des größten Fernsehsenders Brasiliens vor und während den Übertragungen aus dem Sambadrom auftritt. Erstmals in 26 Jahren ist die Globeleza in dem Clip nicht mehr nackt, sondern bekleidet.
Seit der neue Jingle bekannt ist, rauscht es in den sozialen Netzwerken. Die einen sprechen von Rückschritt und Moralismus. Der verhüllte Körper sei eine Anpassung des Fernsehens an die Wünsche der starken konservativen Strömung, die sich in der Wahl eines evangelikalen Bischofs und einer breiten rechten Mehrheit im Kongress manifestiert. Andere feiern die nicht mehr nackte, schwarze Sambatänzerin als Erfolg der Frauen- und Schwarzenbewegung. Für viele Aktivistinnen war die Globeleza schon immer ein Sinnbild für Rassismus und die Vermarktung des weiblichen Körpers. Sie kritisieren auch viele traditionelle Karnevalslieder wegen der abfälligen Darstellung von Afrobrasilianerinnen oder Homosexuellen, und zahlreiche Straßenumzüge kündigten an, diese Lieder dieser Jahr nicht mehr zu spielen. Nun diskutieren die Narren lebhaft über political correctness und angebliche feministische Meinungspatrouillen und werden bald vergessen haben, dass Crivella ihnen niemals den Segen für ihre neuntägige Party gegeben hat.
Neuer Chef der Evangelischen Allianz: Mission wichtigste Aufgabe
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"Menschen mit Jesus bekanntmachen, das ist vielleicht die wichtigste Aufgabe überhaupt", sagte der 60-jährige Theologe, der seit 2003 als Präses den Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden leitet.
"Es gibt keinen riesigen Riss zu kitten"
Im Streit innerhalb der Allianz über den Umgang mit Homosexuellen in Gemeinden sieht Vetter kein allzu großes Problem. An der Basis habe diese Kontroverse nicht so viel Bedeutung. Es gebe "keinen riesigen Riss zu kitten", sagte er. Er rechne noch in diesem Jahr mit einer Stellungnahme des Hauptvorstands der Allianz zu diesem Thema. Vetters Vorgänger Michael Diener hatte sich für eine Öffnung der evangelikalen Bewegung für Homosexuelle ausgesprochen und dafür Kritik geerntet.
Seinen Rückzug vom Vorsitz hatten Diener und die Allianz im März 2016 mit der zeitlichen Beanspruchung durch das Ehrenamt begründet, ein Zusammenhang mit Auseinandersetzungen in evangelikalen Kreisen bestehe nicht. Anfang 2015 war Diener zudem in den Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählt worden.
Erstmal Vertreter der pfingstkirchlicg-charismatischen Bewegung zum Vorsitzenden gewählt
Vetter, bisher Stellvertreter, hat den ehrenamtlichen Vorsitz zum Jahresbeginn von Präses Diener übernommen, die offizielle Übergabe ist am kommenden Dienstag in Schwäbisch Gmünd. Mit ihm ist erstmals ein Vertreter der pfingstkirchlich-charismatischen Bewegung zum Vorsitzenden gewählt worden.
Die Deutsche Evangelische Allianz fungiert als Dachverband für rund 1,3 Millionen evangelikal, pietistisch und charismatisch ausgerichtete Christen aus Landes- und Freikirchen. Ihr Sitz befindet sich im thüringischen Bad Blankenburg, wo die Bewegung das Tagungszentrum Evangelisches Allianzhaus unterhält.
Schnittmengen durchaus groß
Vetter plädierte dafür, "nicht die Diskussion um einzelne ethische Fragen" in die Mitte zu rücken. Im Netwerk habe es immer unterschiedliche Auffassungen gegeben, zum Beispiel in theologischen Fragen wie der Taufe und dem Gemeindeverständnis.
Sein Vorgänger Diener habe "eine geistliche Breite im Hauptvorstand der Allianz gefördert mit mehr Vertretern aus durchaus unterschiedlicher kirchlicher und freikirchlicher Herkunft", sagte Vetter. Da seien die Schnittmengen durchaus groß. Sein Anliegen sei, "dass wir als Allianz trotz Unterschieden in kirchlicher Beheimatung in größtmöglicher inhaltlicher Einheit unterwegs sind", sagte Vetter.
Evangelische Allianz feiert Wechsel im Vorsitz
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Der neue Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Ekkehart Vetter.
In einem Grußwort lobte die Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, die theologisch konservative Allianz-Bewegung. Die EKD brauche die Perspektive der Evangelikalen, sagte sie. Schwaetzer forderte zugleich einen respektvollen Umgang miteinander, insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten. Dem neuen Allianz-Chef Vetter bot sie "offene, fruchtbare Gespräche" an.
In seiner Predigt sagte Vetter, Einheit unter Christen entstehe nicht durch Kompromisse, Diplomatie oder die Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Christen müssten sich gemeinsam auf Jesus Christus fokussieren. "Wo er groß wird, werden unsere Probleme miteinander kleiner", sagte der 60 Jahre alte Vetter, Präses des Mülheimer Verbands Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden.
Ein solcher Streit könne letztlich sogar dem Frieden dienen
Um Vetters Vorgänger Diener, der auch dem Rat der EKD angehört, hatte es in den vergangenen Jahren Auseinandersetzungen in der Evangelischen Allianz gegeben. Diener hatte sich in unter anderem für die Öffnung der evangelikalen Bewegung für Homosexuelle ausgesprochen und dafür aus den eigenen Reihen Kritik geerntet. Dazu sagte Diener, in einer sich ständig reformierenden Kirche müsse ab und zu Streit vom Zaun gebrochen werden. Ein solcher Streit könne letztlich sogar dem Frieden dienen.
Diener hatte seinen Rückzug als Allianz-Vorsitzender ein Jahr vor dem Ende der Amtszeit mit seiner Wahl in den EKD-Rat im Jahr 2015 und der dadurch gestiegenen Arbeitsbelastung begründet. Sein Vorgänger als Allianz-Vorsitzender, Jürgen Werth, sagte bei der Verabschiedung, Diener habe der Allianz gutgetan. Er sei ein Vorsitzender mit Ecken und Kanten gewesen, nicht so sehr ein Moderator.
Ein Ehrenamt für sechs Jahre
Vetter leitet als Präses den Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden, zu dem 43 Gemeinden mit rund 4.700 Gemeindemitgliedern gehören. Vetter ist der erste Allianz-Vorsitzende mit pfingstkirchlich-charismatischem Hintergrund. Er hat das Ehrenamt für sechs Jahre übernommen.
Die Deutsche Evangelische Allianz fungiert als Dachverband für rund 1,3 Millionen evangelikal, pietistisch und charismatisch ausgerichtete Christen aus Landes- und Freikirchen. Ihr Sitz befindet sich im thüringischen Bad Blankenburg, wo die Bewegung das Tagungszentrum Evangelisches Allianzhaus unterhält.
Harald Rückert neuer Bischof der methodistischen Kirche
Eingeführt wird der neue Bischof am Sonntag in einem Gottesdienst in der Hamburger Hauptkirche St. Petri. Die erste Amtszeit beträgt vier Jahre.
Anders als bei Bischofswahlen der evangelischen Landeskirchen wurde die Liste der Kandidaten vor der Wahl nicht veröffentlicht. Der Abstimmung stellten sich am Mittwoch vier Kandidaten: Neben Rückert waren es die Pastoren Lothar Elsner, Hans-Martin Niethammer und Werner Philipp. Rückert erreichte im vierten Wahlgang die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Rund 100 Delegierte und beratende Mitglieder aus dem In- und Ausland nehmen an der sechstägigen Zentralkonferenz der Methodisten in Hamburg teil, die am Sonntag zu Ende geht.
Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft mit den evangelischen Landeskirchen
Zur Evangelisch-methodistischen Kirche zählen bundesweit rund 60.000 Christen. Die Freikirche ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) und im Weltkirchenrat (ÖRK). Sie ist in der sozialdiakonischen Arbeit engagiert und unterhält zahlreiche Krankenhäuser und Altenheime. 1987 erklärten die Evangelisch-methodistische Kirche und die evangelischen Landeskirchen die Kanzel- und Abendmahlsgemeinschaft, so dass Taufen und Abendmahl wechselseitig anerkannt werden und Theologen sich gegenseitig vertreten können.
Die methodistische Kirche ging im 18. Jahrhundert als Reformbewegung aus der anglikanischen Kirche in England hervor. Gründer war der britische Geistliche John Wesley (1703-1791), der sich auch vom Reformator Martin Luther und dem deutschen Pietismus anregen ließ. Nach eigenen Angaben gehören weltweit rund 60 Millionen Menschen methodistischen Gemeinden an. Besonders stark ist die Kirche in Afrika und in den USA vertreten.
Neuer Bischof betont Weltoffenheit der Methodisten
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Pastor Harald Rueckert aus Reutlingen ist der neue Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche
Die Methodisten bildeten eine weltweite Kirche, deren Gemeinden geprägt seien von internationalen Kontakten, sagte Rückert am Donnerstag in Hamburg. In einer Zeit der nationalen Abschottung könne sie helfen, "über den eigenen Tellerrand" hinauszublicken.
Der 58-jährige Theologe war am Mittwoch von der Zentralkonferenz in Hamburg gewählt worden und hatte sich gegen drei Mitbewerber durchgesetzt. Der Pastor aus Reutlingen ist Nachfolger von Bischöfin Rosemarie Wenner (61), die nach zwölf Jahren im Amt in den Ruhestand tritt. Feierlich eingeführt wird der neue Bischof am 19. März in einem ökumenischen Gottesdienst in der Hamburger Hauptkirche St. Petri. Seine erste Amtszeit beträgt vier Jahre.
"Ich bin und bleibe Pastor"
Im Zentrum seiner Arbeit als Bischof würden Gottesdienst und Seelsorge stehen: "Ich bin und bleibe Pastor", sagte Rückert. Innerhalb seiner Kirche wolle er die Ebenen besser vernetzen. Schlankere Strukturen könnten zu einem effektiveren Arbeiten führen. Sein Augenmerk richte sich nicht in erster Linie darauf, möglichst viele Kirchenmitglieder zu zählen, sondern die Leidenschaft für das Evangelium zu wecken.
Der gebürtige Nürnberger hat nach dem Abitur Lebensmitteltechnologie studiert. Nach dem Theologie-Studium in Reutlingen übernahm er Pfarrstellen in Hof-Stammbach und Schweinfurt-Würzburg. Im Jahr 2000 wurde er für zehn Jahre zum Superintendenten gewählt und war zuständig für rund 90 Gemeinden zwischen Schwarzwald und Bodensee. Seit 2010 ist er Pastor in Reutlingen. Rückert ist verheiratet und Vater von drei Kindern.
Zahl der erwachsenen Mitglieder leicht rückläufig
Aktuell hat die Evangelisch-methodistische Kirche 52.000 Kirchenmitglieder in 480 Gemeinden mit 302 Pastoren. Die Zahl der erwachsenen Mitglieder sei leicht rückläufig, sagte die scheidende Bischöfin Wenner. Rechne man allerdings Kinder und Jugendliche hinzu, bleibe die Zahl seit Jahren annähernd konstant. Weltweit zählen mehr als 80 Millionen Christen zu den methodistischen Kirchen. Sie leben überwiegend in den USA, Afrika und Südostasien.
Landesbischof Gerhard Ulrich (Schwerin), Leitender Bischof der Lutherischen Kirchen (VELKD), gratulierte Rückert zu der "anspruchsvollen, aber auch schönen" Aufgabe. Ulrich lobte das "tiefe ökumenische Engagement" der Methodisten. Die Freikirche ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) und im Weltkirchenrat (ÖRK).
Die methodistische Kirche ging im 18. Jahrhundert als Reformbewegung aus der anglikanischen Kirche in England hervor. Gründer ist der britische Geistliche John Wesley (1703-1791), der sich auch vom Reformator Martin Luther und dem deutschen Pietismus anregen ließ.
Evangelische Allianz: Messianische Juden nicht ausgrenzen
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Ekkehart Vetter, Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz
Die Evangelische Allianz stelle sich einstimmig hinter die Erklärung der württembergischen "ChristusBewegung Lebendige Gemeinde", teilte das theologisch konservative Bündnis am Dienstag in Bad Blankenburg mit. Zur Begründung erklärte der Vorsitzende Ekkehart Vetter, eine Ausgrenzung messianischer Juden, wie sie in weiten Teilen der evangelischen Landeskirchen geschehe, und die Nicht-Zulassung zum Deutschen Evangelischen Kirchentag dürften nicht länger still hingenommen werden.
Messianische Juden glauben, dass Jesus ihr Messias ist, sehen sich aber selbst weiterhin als Juden. Die württembergische "ChristusBewegung Lebendige Gemeinde" wirbt für ökumenische Verbundenheit mit Juden, die an Jesus Christus glauben. Es sei ein "nicht hinnehmbarer Skandal", dass diese messianischen Juden etwa vom Deutschen Evangelischen Kirchentag ausgegrenzt würden, heißt es in einer Anfang März in Korntal bei Stuttgart veröffentlichten Erklärung der Organisation.
Der Vorsitzende der Bewegung, der Nagolder Dekan Ralf Albrecht, verwies auf die württembergische Praxis, sowohl mit traditionellen jüdischen Gemeinden als auch mit messianischen Juden den Austausch zu pflegen und für sie einzutreten. Auch der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, hatte die Erklärung begrüßt. "Christen stehen an der Seite Israels. Christen freuen sich über die Juden, die Jesus Christus als ihren Messias erkennen. Messianische Juden sind deshalb unsere Schwestern und Brüder", unterstrich Steeb.
Baptist Stiba neu an Spitze der Freikirchen
Der 49-Jährige löse nach sechs Jahren den bisherigen VEF-Präsidenten Ansgar Hörsting ab, teilte die Dachorganisation am Mittwoch nach der Vorstandswahl in Magdeburg mit. Die Vereinigung wurde 1926 gegründet. Ihr gehören zwölf Mitglieds- und drei Gastkirchen an, die insgesamt mehr als 240.000 Christen aus dem freikirchlichen Spektrum repräsentieren. Dazu gehören unter anderem mennonitische Gemeinden, Pfingstgemeinden, die Evangelisch-methodistische Kirche und die Heilsarmee.
Der neue Präsident Stiba ist Generalsekretär des baptistischen Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden. Er betonte das Engagement der Freikirchen für die Menschenrechte, Religionsfreiheit und den Umwelt- und Klimaschutz. Zum Stellvertreter Stibas wurde der Präses der zur weltweiten Pfingstbewegung gehörenden Gemeinde Gottes, Marc Brenner (43), gewählt. Neu in den VEF-Vorstand gewählt wurden den Angaben zufolge auch der neue Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche, Harald Rückert (58), sowie Major Frank Honsberg (54) von der Heilsarmee. Als Vorstandsmitglied bestätigt wurde der Vizepräses des Bundes Freikirchlicher Pfingstgemeinden, Frank Uphoff (56).
Stiba würdigte den bisherigen VEF-Präsidenten Hörsting und dessen Stellvertreterin Rosemarie Wenner: "Ihr habt die VEF mit geistlichem Weitblick geleitet und das Miteinander unserer Kirchen gestärkt." Ansgar Hörsting, Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden, scheidet nach neun Jahren aus dem VEF-Vorstand aus. Die Theologin Wenner geht nach zwölf Jahren als Bischöfin der Evangelisch-methodistischen Kirche in den Ruhestand und scheidet nach ebenfalls zwölf Jahren aus dem VEF-Vorstand aus. Von 2008 bis 2011 war sie Präsidentin der VEF.
In Deutschland führen die Anfänge der Freikirchen zum Teil vor die Reformationszeit im 16. Jahrhundert zurück, andere entstanden um die Mitte des 19. Jahrhunderts zur Zeit der religiösen Erweckungsbewegung. Evangelische Freikirchen zeichnen sich vor allem durch ein bestimmtes Kirchen- und Gemeindeverständnis sowie durch ihren Frömmigkeitsstil aus. "Freie und persönliche Entscheidung für den Glauben an Jesus Christus und ein verbindliches Leben in seiner Nachfolge sind besondere Anliegen", beschreiben sie sich selbst. Rechtlich vertreten die Freikirchen dem Staat gegenüber das Prinzip der Selbstfinanzierung und Selbstverwaltung und verzichten auf Besteuerung.
Keine "Kandidaten der Kirche" mehr!
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Noch ist Brasilien das größte katholische Land der Welt. Doch dem letzten Zensus zufolge verstehen sich inzwischen 22 Prozent der Brasilianer als evangelisch, der Löwenanteil unter diesen sind Anhänger von Pfingstkirchen. Im Gegensatz zu Katholiken wählt die große Mehrheit der Evangelikalen entsprechend ihrer religiösen Zugehörigkeit, wie das Meinungsforschungsinstitut Datafolha am Beispiel von Rio de Janeiro ermittelte. Eine Folge davon ist eine konservative Wende in der brasilianischen Gesellschaft, analysiert der Anthropologe Ronaldo Almeida: "Im Bezug auf die Wirtschaft stärkt dies den Diskurs der individualistischen Unternehmerschaft und des Rückzugs des Staates, in der Art: 'Mach du es selbst, Gott wird dir helfen'", sagt Almeida in der Zeitschrift "Nexo". Und auch in moralisch-ethischen Fragen sind konservative Werte im Kommen.
Denn: In Zeiten der politischen und wirtschaftlichen Krise ist Religiosität in Brasilien generell auf dem Vormarsch. Vor allem aber evangelikale Kirchen, ihre Pastoren oder auch nahestehende Parteien wollen mit ihrem zunehmenden Einfluss nun auch Politik gestalten. Prominentestes Beispiel ist Marcelo Crivella, freigestellter Bischof der Neopfingstkirche Igreja Universal do Reino de Deus (IURD), der seit Jahresbeginn Bürgermeister von Rio de Janeiro ist.
Viele Brasilianer, insbesondere Intellektuelle und fortschrittliche Kreise, bangen um die in der Verfassung festgeschriebene strikte Trennung von Staat und Kirche. Jetzt überlegt das Oberste Wahlgericht (TSE), sich der umstrittenen Frage anzunehmen: Es geht um die Schaffung einer Richtlinie, mit der Kirchen untersagt werden soll, ihre Anziehungskraft bei Gläubigen und ihre ökonomischen Mittel für Wahlzwecke zu nutzen.
Gilmer Mendes, ein eher konservatives Mitglied des Obersten Gerichtshofs und turnusgemäß Vorsitzender des TSE, erläutert den Vorstoß: "Nachdem das Oberste Gericht den Unternehmen Wahlkampfspenden untersagt hat – wer hat jetzt noch viel Geld zur Verfügung? Die Kirchen", sagt Mendes. Hinzu komme der seelsorgerische Einfluss auf viele Menschen. "Ein Prediger kann leicht Tausende in einem Saal versammeln und ihnen mitteilen: 'Dieser ist mein Kandidat.' Wir diskutieren, diese Art von Wahlkampf zu unterbinden", erklärte der TSE-Präsident in der zweiten Märzwoche.
Brasiliens Gesetze verbieten es Kirchen und Religionsgemeinschaften, politisch tätig zu werden. Sie dürfen weder Geld an Kandidaten oder Parteien spenden noch irgendeine Art von Wahlpropaganda betreiben. Auch dürfen Kandidaten auf kirchlichem Gelände keinen Wahlkampf betreiben. Allerdings dürfen Kirchenleute grundsätzlich kandidieren. Dadurch werden die rechtlichen Vorschriften im Alltag meist umgangen: Wenn ein Gemeindemitglied für ein politisches Amt kandidiert, gilt er gleich als "Kandidat der Kirche". Und Prediger machen im Gottesdienst oder in Fernsehsendungen keinen Hehl aus ihrer Unterstützung für bestimmte "Kirchenkandidaten" und ihre Positionen. Diese Praxis kommt zumeist im weit verzweigten Netz evangelikaler Pfingstkirchen vor, und nur selten und weniger direkt in der katholischen Kirche.
Mendes warnt davor, dass die Kirchen ihre ökonomische Macht missbrauchen könnten. Da dies aber schwer nachzuweisen sei, müsse die Justiz aktiv werden. "Nicht auszuschließen, dass eine Kirche ihr Geld benutzt, um die Wahl eines Günstlings zu finanzieren. Oder die Gläubigen werden um Spenden gebeten."
Der Einfluss evangelikal orientierter Politiker in der Hauptstadt Brasilia, aber auch in den Bundesstaaten, steigt kontinuierlich. Schon Linkspräsident Luis Inácio Lula da Silva (2003-2010) überließ das Amt seines Vizepräsidenten dem evangelikalen José Alencar, da er auf Partner für eine Koalition mit seiner Arbeiterpartei PT angewiesen war. Alencar trat wie Crivella im Jahr 2005 einer auf Betreiben der IURD gegründeten Partei bei, die sich heute PRB nennt und den Einfluss dieser Mammutkirche in die Parlamente trägt.
Die parteiübergreifende Fraktion der Evangelikalen ist laut Wahlgericht von 47 Bundesabgeordneten im Jahr 1998 auf 80 beim letzten Urnengang 2014 angewachsen. Bei weitem größer noch ist die Frente Parlamentar Evangélica– eine evangelikale Interessengemeinschaft im Kongress. Ihr gehören mittlerweile 181 Abgeordnete, vier Senatoren und zahlreiche Unterstützer an. Unter der Regierung des rechtsliberalen Michel Temer, der das höchste Staatsamt Mitte vergangenen Jahres nach einem umstrittenen Amtsenthebungsverfahren von der PT-Politikerin Dilma Rousseff übernahm, haben ihre Themen Konjunktur: Abschaffung der erst kürzlich zugelassenen gleichgeschlechtlichen Ehe, Verschärfung des Abtreibungsrechts und eine weitere Aufwertung des Familienbegriffs samt Zurückdrängen von Rechtsansprüchen der LGBT-Gemeinden. Und sie wollen das Verbot politischer Betätigung für ihre Kirchen kippen, ganz in der Art wie US-Präsident Donald Trump dies kürzlich für sein Land ankündigte.
Gläubig und schwul
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Hamilton da Silva Filho (li.) und sein Ehemann Welkenson de Lima bei einem Gottesdienst in der Igreja Crista Contemporanea.
Mitreißende Gospelmusik erfüllt den einstigen Kinosaal. Schlagzeug, E-Gitarre und die laute Stimme einer Sängerin sorgen für gute Stimmung zu Beginn des Gottesdienstes in der Igreja Cristã Contemporânea in Rio de Janeiro. Es wirkt wie in allen anderen zahlreichen evangelikalen Kirchen in Brasilien - mit einem Unterschied: Viele der 200 Gläubigen, die von der Musik beschwingt auf den Stühlen sitzen, sind Lesben und Schwule.
Besonders groß ist der Ansturm auf die Kirche an Feiertagen wie Ostern. Denn diese Anlässe werden in Brasilien mit der gesamten Familie gefeiert. "Da vielen unserer Mitglieder in anderen Kirchen gesagt wird, dass Homosexualität schlecht ist, bringen sie ihre Familien hierher", erzählt der Pastor und Gründer der Kirche, Marcos Gladstone Canuto. "Hier können sich alle wohlfühlen."
Die "Christliche Zeitgenössische Kirche", die sich ICC abkürzt, ist eine Ausnahme unter den unzähligen evangelikalen Kirchen Brasiliens. Sie wirbt damit, für alle Menschen offen zu sein, ohne Vorurteile. Die Einladung richtet sich vor allem an Homosexuelle, die weder in katholischen noch in den immer einflussreicheren Pfingstkirchen willkommen sind.
Erste Amtshandlung: eine Umarmung
Aufmerksam und sichtlich gerührt verfolgt Jean, der seinen Nachnamen aus Angst vor Diskriminierung nicht nennen will, die Predigt von Pastor Canuto. Es geht um die Geschichte von Jakob, um Vater-Sohn-Beziehungen und das Erstgeburtsrecht. Seit zwei Jahren besucht der 25-Jährige jede Woche die Kirche im Stadtteil Madureira im Norden der Stadt, fernab der mondänen Strandviertel wie Copacabana oder Ipanema.
Früher ging Jean in eine anderen evangelikalen Kirche. Dort musste er seine sexuelle Orientierung verbergen. "Ich fragte mich, wie ich meinen Glauben an Gott leben und zugleich schwul sein kann," erinnert er sich. Als der Pastor ihm sagte, dass Gott ihn in dieser Form nicht akzeptieren werde, verließ Jean die Kirche. Nie wird der Angestellte einer Verpackungsfirma seinen ersten Tag in der ICC vergessen: "Wenn du hierher kommst, bekommst du als allererstes eine Umarmung. Ich fühlte mich sofort geliebt und aufgehoben", sagt Jean.
Canuto gründete die Kirche vor gut zehn Jahren. Während seines Studium in den USA erkannte der Theologe, dass Religion und Homosexualität kein Widerspruch sein müssen. Inzwischen unterhält die Igreja Cristã Contemporânea mehrere Gotteshäuser in Rio sowie in São Paulo und Belo Horizonte. Die Kirche versteht sich als Teil der evangelikalen Bewegung, die im größten katholischen Land der Welt rasch wächst. Weit über 20 Prozent der Bevölkerung bezeichnet sich inzwischen als evangelisch, wobei ein Großteil Anhänger von Pfingstkirchen ist.
Auch Pastor Canuto verließ einst eine traditionelle evangelikale Kirche, da seine Liebe zu Männern dort nicht toleriert wurde. Heute leitet er die ICC gemeinsam mit seinem Ehemann, dem Pastor Fábio Inácio Canuto. Sie heirateten, als gleichgeschlechtliche Ehen in Brasilien 2013 erlaubt wurden. Neun von zehn Mitglieder der Gemeinde haben ähnliche Erfahrungen gemacht. "Wir nennen Menschen, die in anderen Kirchen vor die Wahl zwischen Glauben und sexueller Orientierung gestellt wurden, 'desigrejados - entkirchlichte' Menschen. Bei uns finden sie ein neues Zuhause", sagt Marcos Canuto.
Da für die, die ausgestoßen wurden
Auch jenseits der Gottesdienste ist die Kirche für ihre Mitglieder da. Neben der seelsorgerischen Arbeit nimmt die Beratung und juristische Unterstützung bei Adoptionen großen Raum ein. Auch Canuto und sein Mann haben drei Kinder adoptiert. Dennoch versteht sich der Pastor nicht als Teil der Homosexuellen-Bewegung. Aber: "Während die Aktivisten gleichgeschlechtliche Ehen fordern, veranstalten wir die endlich erlaubten Hochzeiten in unseren Kirchen."
Am Ende des Gottesdienstes sehen die Menschen zufrieden aus. Die Stimmung ist ausgelassen, noch lange stehen die Gläubigen in Gruppen zusammen und reden. Pastor Canuto ist etwas erschöpft, er hat fast eine Stunde lang gepredigt. Den Erfolg seiner Kirche erklärt er so: "Wir machen genau das, was Jesus einst auf Erden machte: Die Nähe derjenigen suchen, die ausgestoßen wurden."
Trumps Evangelikale: Die Freundschaft hält - Eine Art Wohlstandsevangelium im Weißen Haus
Über traditionelle Werte predigende Pastoren und ein zeitweise ausfälliger Immobilienmogul: Das war bereits im Wahlkampf eine schwer zu verstehende, komplexe Freundschaft. Doch sie hält. US-Präsident Donald Trumpf kann sich offenbar auch bei Krisen auf seine betenden Fans verlassen. Deren Spektrum reicht von evangelikal und pfingstkirchlich bis zu Anhängern des im US-Protestantismus weit verbreiteten, doch oft verspotteten Wohlstandsevangeliums, dem zufolge Gott Gläubigen materielle Erfolg schenken will.
Mitte Juli war wegen der Spekulationen über unlautere Russland-Kontakte zu Ungunsten von Konkurrentin Hillary Clinton im zurückliegenden Wahlkampf keine leichte Zeit für den Neuen im Weißen Haus. Trump wandte sich also an einen Fernsehsender ohne "Fake-Nachrichten" und harte Fragen und setzte sich hin mit dem Chef des "Christian Broadcasting Network", Pat Robertson. Der 87-Jährige ermutigt seit Jahrzehnten konservativ orientierte Christen.
Trump konnte im Robertson-Interview ungestört über den G20-Gipfel sprechen. Er sei "wirklich fantastisch ausgekommen" mit jedem Regierungschef, sagte Trump. Auch über den russischen Präsidenten Wladimir Putin konnte sich der US-Kollege unbedrängt äußern. Trump sagte, er tue oft "das genaue Gegenteil von dem, was Putin möchte". Putin hätte vielleicht Hillary Clinton bevorzugt, denn die Demokratin hätte nicht in das US-Militär investiert, sagte Trump ohne Nachfragen.
Weit verbreitete Fotos von einem gemeinsamen Gebet im Weißen Haus wurden von evangelikalen Predigern online gestellt. Rechtschristliche Aktivisten und Pastoren stehen im Büro beim Präsidenten und legen ihm Hände auf. Trump habe an diesem 10. Juli seinen Kopf gesenkt beim Gebet. "Er begreift, dass er Gott braucht", erklärte der texanische Baptistenpastor Jack Graham, ehemals Präsident des Südlichen Baptistenverbandes, der größten protestantischen Kirche der USA.
Auf einem Foto steht unter all den Männern eine schick gekleidete blonde Frau gleich neben Trump. Megakirchenpastorin Paula White aus Florida ist nach eigenen Angaben seit rund fünfzehn Jahren mit Trump persönlich bekannt. Sie gilt als dessen "spirituelle Beraterin". White verkündet, dass Gott Gläubigen Gutes wolle. Man müsse positiv denken und Chancen ergreifen. Bei Trumps Amtseinführung sprach sie ein Gebet. Im Sender NBC betonte sie, der neue Präsident habe "Jesus Christus als Herrn und Retter" angenommen.
Historikerin Kate Bowler, Autorin des neuen Buches "Blessed: A History of the American Prosperity Gospel" (Gesegnet: Die Geschichte des amerikanischen Wohlstandsevangeliums), ist zur Schlussfolgerung gekommen, dass Trump der erste Präsident ist, "dessen einzige religiöse Impulse vom amerikanischen Wohlstandsevangelium kommen".
Baptistenpastor Jack Graham erläuterte, er schätze Trump, denn dieser habe "so viele Sachen getan, auf die wir gehofft haben". Als Top-Priorität nannte Graham die Ernennung des konservativen Juristen Neil Gorsuch zum Obersten Gericht. Von diesem wird erwartet, dass er in seinen Urteil klar gegen Abtreibung Position bezieht.
Trump gibt konservativen Christen das Gefühl, sie hätten jemanden im Weißen Haus, der ihnen zuhört. "Es wurde uns versichert, dass der Präsident Glaubensführer schätzt, und dass er sich wünscht, dass wir helfen, unsere Nation nach vorne zu bringen", erklärte der Präsident des Exekutivausschusses des Südlichen Baptistenverbandes, Frank Page, einer der Teilnehmer am Gebet für Trump, im Informationsdienst Baptist Press.
Nicht zuletzt beeindruckt offensichtlich Trumps Kämpfernatur. So sagte Pat Robertson gegen Ende des Wahlkampfes 2016: "Der Donald ... ist wie der Phoenix." Die Gegner dächten, er sei erledigt. "Er ist zurückgekommen. Er ist stark zurückgekommen".
Weiße Evangelikale stellten im November etwa ein Viertel der US-Wähler. Rund 80 Prozent stimmten für Donald Trump. Im April gab das Institut Pew Research neue Umfragezahlen heraus, denen zu entnehmen war, dass sich 78 Prozent der weißen Evangelikalen mit Trumps Amtsführung zufrieden oder sehr zufrieden zeigen.
Trump und die religiösen Rechten
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US-Präsident Donald Trump hält am 04.10.2017 im Las Vegas Metropolitan Police Department während eines Treffens mit Rettungskräften, die während des Massakers vom 02.10.2017 im Einsatz waren, eine Baseball-Mütze der Polizei-Einheit (LVMPD).
Eineinhalb Wochen nach dem Massaker von Las Vegas, bei dem ein Scharfschütze von einem Hotelfenster aus 58 Konzertbesucher ermordete und Hunderte verletzte, tappen die Ermittlungsbehörden an einem entscheidenden Punkt weiterhin im Dunkeln. Sie rätseln über das Tatmotiv für den tot aufgefundenen Täter Stephen Paddock.
Für das Urgestein der christlichen Rechten in den USA, den TV-Prediger Pat Robertson, lag der Grund dagegen schon tags darauf auf der Hand. Solcherlei "Gewalt auf den Straßen", sagte der 87-jährige Televangelist in seinem Fernsehsender "Christian Broadcasting Network", breche deshalb aus, "weil wir Autorität missachten. Unser Präsident wird respektlos behandelt, in der gesamten Nation. Man sagt schreckliche Dinge über ihn. In den Nachrichten und anderswo auch."
Solche Absurditäten sind aus dem Mund von Robertson nichts Neues. Er glaubt seit Langem, dass bei Naturkatastrophen und Terroranschlägen ein strafender Gott die Finger im Spiel hat, um für die Umkehr vor Dämonen und Sündhaftigkeit zu sorgen. Im jüngsten Fall sind Robertsons Auffassung zufolge wie so oft respektlose Minderheiten schuld: "Unserer Nationalhymne und unseren Kriegsveteranen schlägt Respektlosigkeit entgegen", womit er beim Abspielen der Nationalhymne knieende, gegen Rassismus und Polizeigewalt protestierende afroamerikanische Athleten meint. "Respektlosigkeit gegenüber unseren Regierungsinstitutionen, Respektlosigkeit gegenüber unserer Justiz", sagte er, "links und rechts, wo man hinsieht: Respektlosigkeit".
Gebete statt Reformen
Mit solchen Aussagen stößt Robertson bei seinen evangelikalen Kollegen selten auf Kritik, sei es, weil sie ihm den Altersbonus zubilligen, sei es wegen seiner Verdienste um die rechts-evangelikale Bewegung, oder möglicherweise, weil sie ihm heimlich zustimmen. Jedenfalls hielten sich die ihm verbundenen Honoratioren nach Las Vegas an das bewährte Muster, bei Erklärungsnot aus politischer Opportunität auf Kritik (etwa an der Waffenlobby "National Rifle Association") zu verzichten und stattdessen Gebete anzumahnen: Gebete für die Opfer von Las Vegas - und Gebete für den Präsidenten Donald Trump. Trump bezeichnete, zum Fototermin extra nach Las Vegas gereist, die Tat als "Akt des absolut Bösen". Seine Pressesprecherin Sarah Huckabee Sanders, lenkte Nachfragen nach Reformen, etwa in der Waffenkontrolle, mit den Worten ab, jetzt sei die "Zeit, um das Land zu einen", nicht für eine politische Debatte.
Selbst der bisher opferreichste Massenmord eines Einzeltäters in den USA kann das Bündnis zwischen Rechtsevangelikalen und Donald Trump nicht erschüttern. Der Blick nach innen findet nicht statt, denn eine kritische Selbstreflexion wird von den selbsternannten Hütern der Moral im "christlichen Amerika" kaum angemahnt. Der ist ihrem Selbstverständnis in punkto Waffen nach auch nicht nötig. Laut Umfragen sind US-Evangelikale die mit Abstand größte religiöse Gruppierung, die die Kontrolle über Waffenbesitz und -erwerb ablehnt. Unter Gläubigen in den USA besitzen evangelikale Haushalte mit größerer Wahrscheinlichkeit als andere eine oder mehrere Waffen. Die Todesstrafe lehnt nur etwa die Hälfte der US-Evangelikalen ab.
"Religiöse Rechte sind in Arbeit"
Schon die extrem hohe Bereitschaft weißer evangelikaler Christen, Donald Trump zu unterstützen, unterschied sie von anderen Gläubigen. 81 Prozent von ihnen stimmten im November 2016 für ihn - obwohl der Immobilien-Mogul dreimal geschieden ist, frauenfeindliche Kommentare machte, kaum die Kirche besucht und sich damit brüstete, er habe "keine Lust, Gott um Verzeihung zu bitten". Doch der Wahlkämpfer Trump verstand es, einen Großteil der Evangelikalen - sie stellen ein Viertel der Wähler - auf seine Seite zu ziehen. Dazu gehörte das (inzwischen eingehaltene) Versprechen, in Washington für eine konservative Mehrheit im Obersten Gerichtshof zu sorgen. Damit ist die Wiederherstellung eines politisch-religiösen Grundsatzes, den das rechte Amerika seit der Legalisierung des Schwangerschaftssabbruches im Jahr 1973 hegt, wieder möglich geworden: das Abtreibungsverbot. Daneben versprach Trump "religiöse Rechte" und Kabinettsposten. An prominentester Stelle befinden sich dort Vizepräsident Mike Pence und Bildungsministerin Betsy DeVos, beide stramm Rechtskonservative. Und die "religiösen Rechte" sind in Arbeit: etwa dass Kirchen und andere steuerbefreite Organisationen in der Politik explizit Partei für einen Kandidaten ergreifen dürfen.
Bündnis mit leichten Rissen
Obwohl Trump bei den Evangelikalen als Wähler- und Unterstützerblock wie bei keiner anderen Gruppe auf so viel Loyalität stößt, ist es im Lager der religiösen Rechten im Sommer dennoch zu einem ersten Rumoren gekommen. Anlass waren Trumps Äußerungen nach dem Neonazi-Aufmarsch im Charlottesville im Bundesstaat Virginia, bei dem eine Gegendemonstrantin von einem Rechtsradikalen umgebracht worden war. Dass es "auf beiden Seiten sehr nette Menschen" (so Trump) gegeben habe, und Trump sich ursprünglich weigerte, gegen Neonazis prinzipiell Stellung zu beziehen, stieß einigen evangelikalen Gemeinden so auf, dass sie Ende September einen offenen Brief schrieben. Neben Honoratioren der Southern Baptists unterzeichneten ihn auch evangelikale Pastoren. Darin wird Trump aufgefordert, "sich den vielen anderen politischen und religiösen Führern anzuschließen, damit einstimmig festgestellt wird, dass die 'Alt-Right' rassistisch und böse sowie das Gegenteil einer wohlgeordneten, friedliebenden Gesellschaft ist." Neben dem Präsidenten der Southern Baptist Convention Steve Gaines und deren Alterspräsidenten Fred Luther unterzeichneten die USA-weit bekannten afroamerikanischen evangelikalen Pastoren T.D. Jakes und Tony Evans.
Auch Trumps evangelikales Beraterteam, das sich zu seiner Unterstützung im Juni 2016 unter dem Namen "Evangelical Executive Advisory Board" gegründet hatte, kam wegen Charlottesville in Bewegung. Mitte August trat der Reverend A. R. Bernard, der mit dem Christian Cultural Center die grösste evangelikale Kirche in New York leitet, aus Protest von dem Gremium zurück. Der 64-Jährige nannte als Grund einen "schärfer werdenden Wertekonflikt" und forderte die anderen Gremiumsmitglieder auf, sich ebenfalls von Trump zu distanzieren. Doch die halten weiterhin zum US-Präsidenten. Es sei "nicht unsere Aufgabe, uns beraten zu lassen, sondern Rat zu erteilen", hieß es beispielsweise in einer Twittermeldung von Johnnie Moore, dem Sprecher des Gremiums.
"Prosperity Preachers" halten zu Trump
Eine kleine Minderheit der US-Evangelikalen - etwa fünf Prozent und meist afroamerikanisch - gilt als progressiv-liberal. Die große Mehrheit der konservativ Rechten und Rechtsaußen - fast ausschließlich Weiße - ist keinesfalls ein Monolith, sondern in mehrere Tendenzen aufgefächert. Aus ihren Reihen kann Trump bei seinem Rechtskurs auf die bedingungslose Unterstützung der alten Garde der Kulturkrieger, der Politprofis und der "prosperity preachers" zählen. Zu ersteren zählen Haudegen wie Pat Robertson und Ralph Reed von der "Faith and Freedom Coalition". Zu letzteren gehört Trumps wichtige Beraterin Paula White, Pastorin einer Mega-Kirche in Florida und Mitglied in seinem evangelikalen Rat. "Prosperity Preachers" wie White entstammen einer US-amerikanischen Pfingstler-Tradition, die materiellen Reichtum als gottgewollt und -gegeben interpretiert.
Mit dieser evangelikalen Subkultur ist Donald Trump vertraut. Denn als er ein Junge war, besuchte seine Familie in New York City die Marble Collegiate Church, in der ein entsprechender "prosperity gospel" gepredigt wurde: der Markt und Erfolg oder Scheitern auf ihm sind demnach gottgewollt, je nach der Glaubenskraft des Einzelnen.
Unierte Kirchen und lutherische Freikirchen söhnen sich aus
Die Union Evangelischer Kirchen (UEK) und die Selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche (SELK) haben im Jahr des 500. Reformationsjubiläums ihre historische Spaltung aufgearbeitet. Für den Buß- und Bettag am 22. November ist in Berlin ein Buß- und Versöhnungsgottesdienst geplant. Grundlage dafür ist ein von SELK und UEK erarbeitetes Gemeinsames Wort mit dem Titel "Lasset uns aber wahrhaftig sein in der Liebe", dem die UEK-Vollkonferenz am Freitag in Bonn ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen zustimmte. Zuvor hatte SELK-Bischof Hans-Jörg Voigt als Gast der Vollkonferenz über die mehrjährigen Gespräche über das Papier berichtet, das der Allgemeine Pfarrkonvent seiner Kirche bereits am Vortag ebenfalls einstimmig angenommen hatte.
Ein wichtiger Impuls für das gemeinsame Papier war eine Predigt von 1967, die Franz-Reinhold Hildebrandt gehalten hatte, damals Leiter der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche der Union (EKU). Er sprach damals die gewalttätige Durchsetzung der Union in Preußen an und bat die Altlutheraner um Vergebung dafür, dass die Lutheraner damals verhaftet und vertrieben wurden.
Theologisch trennt die beiden Kirchen noch einiges, vor allem die Frage nach der Geltung der Bekenntnisse. Die SELK erkennt nur die lutherischen Bekenntnisse im Konkordienbuch von 1580 als "zutreffende Darlegung schriftgemäßer Lehre" und hat daher die Leuenberger Konkordie nie unterzeichnet. In der UEK stehen unterschiedliche Bekenntnisschriften gleichberechtigt nebeneinander, weil in der UEK eine Kirchengemeinschaft auch bei unterschiedlichen Bekenntnissen möglich ist, so lange es ein gemeinsames Verständnis des Evangeliums gibt und man sich bei der "Verwaltung von Taufe und Abendmahl" einig ist.
In dem nun beschlossenen Papier ist zumindest ein gemeinsamer Auftrag festgehalten: "SELK und UEK haben beide den Auftrag, das Evangelium zu verkündigen." Auf dieser Grundlage sei es möglich, die bestehenden Differenzen weiter zu klären "und geschichtliche Brüche zu heilen".
In der SELK sind lutherische Freikirchen zusammengeschlossen, die sich als Protest gegen die Einführung der Union in Preußen im 19. Jahrhundert gegründet hatten und seither als eigenständige Kirchen bestehen. Heute gehören zur Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche etwa 33.500 Gemeindemitglieder in 174 Gemeinden bundesweit.
1817 hatten sich in Preußen lutherische und reformierte Gemeinden zur Evangelischen Kirche der Union (EKU) zusammengeschlossen. 2003 fusionierten diese Kirchen mit der Arnoldshainer Konferenz zur Union Evangelischer Kirchen (UEK). Diesem Kirchenbund gehören zwölf evangelische Landeskirchen innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an.
Die Vollkonferenz der UEK tagt am Freitag, 10. November, und Samstag, 11. November in Bonn. Neben dem Gemeinsamen Wort mit der SELK und den Berichten aus der Catholica-Arbeit befasst sich die Vollkonferenz am Samstag mit dem Schwerpunktthema "Streit um die Wahrheit".
Diakonie-Verband vertagt Ausschluss von Diakoniewerk Bethel
Der Ausschluss des evangelisch-freikirchlichen Sozialträgers werde zwar weiter geprüft, dem Diakoniewerk Bethel solle jedoch eine weitere Anhörungsmöglichkeit gegeben werden, teilte der Diakonieverband am Dienstag in Berlin mit. Das Diakoniewerk Bethel ist wegen seines Finanzgebarens in die Kritik geraten. Medienberichten zufolge soll Bethel-Vorstand Karl Behle die Kontrolle über den Träger übernommen und sich unter anderem Pensionsansprüche in Millionenhöhe verschafft haben.
Mit dem laufenden Ausschlussverfahren hatte sich am Montag der Diakonische Rat, das höchste Aufsichtsgremium des Diakonieverbandes, befasst. Wenige Tage zuvor habe das Diakoniewerk Bethel eine Untersuchung durch einen externen Prüfer zugesagt, hieß es weiter. In der Ankündigung sei weder erklärt worden, wer der Prüfer sei, noch sei sein Auftrag erläutert oder eine Untersuchungsfrist genannt worden. Über die schweren Vorwürfe gegen Bethel wird seit über vier Monaten in den Medien berichtet. Sie blieben laut Diakonieverband bisher von dem Sozialträger "inhaltlich gänzlich unkommentiert".
Vorherige Aufforderungen und Fristen zur Stellungnahme zu den Vorwürfen hatte das Diakoniewerk Bethel ungenutzt verstreichen lassen. Im Interesse eines rechtssicheren Verfahrens sei nun dennoch vom Diakonischen Rat eine erneute Anhörung und Fristsetzung zur Aufklärung der Vorwürfe beschlossen worden, hieß es weiter.
Gemeinsam mit dem Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden der Baptisten, mit dem das Diakoniewerk Bethel in einer sogenannten Bekenntnisgemeinschaft verbunden ist, verlangt der Diakonie-Dachverband weiter Aufklärung über den Wahrheitsgehalt der Medienveröffentlichungen. Gefordert werden zudem Veränderungen in der Organ- und Aufsichtsstruktur des Sozialträgers und seiner beiden Stiftungen, die gemeinsam die Anteile am Diakoniewerk halten. Die Stiftungen gehören weder dem Diakonieverband noch dem freikirchlichen Bund an.
"Um Verwechslungen zu vermeiden, weisen wir erneut darauf hin, dass das freikirchliche Diakoniewerk Bethel mit Sitz in Berlin in keiner Weise mit den von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel mit Sitz in Bielefeld verbunden ist", betonte das Diakonische Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz. Das Diakoniewerk Bethel, das unter anderem ein Krankenhaus in Berlin und Pflegeeinrichtungen betreibt, stand vor einigen Jahren bereits in der Kritik, weil es mehrere vom Diakoniewerk finanziell abhängige Diakonissen ausschließen wollte.
Herrnhuter bringen Kirchsaal-Sanierung auf den Weg
Die Gesamtkosten für die Sanierung des Innensaals, der Seitenflügel und der Orgel sowie für Heizung und technische Anlagen wurden auf rund 2,4 Millionen Euro veranschlagt. Sie sollen aus Spenden und Fördermitteln gedeckt werden.
Die ostsächsische Stadt Herrnhut feiert 2022 ihr 300-jähriges Bestehen. Sie ist heute vor allem bekannt durch den Herrnhuter Stern, der in der Advents- und Weihnachtszeit auch in vielen öffentlichen Gebäuden leuchtet. Mährische Glaubensflüchtlinge hatten die Siedlung 1722 gegründet. Der vom Pietismus geprägte Reichsgraf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700-1760) stellte Land zur Verfügung und half ihnen bei der Gründung des Ortes. Der Kirchsaal wurde 1756/57 im Stil des sächsischen Landbarocks errichtet.
Der Herrnhuter Kirchsaal sei "ein Kulturdenkmal von Rang", hieß es. Er soll nun in seiner ursprünglichen Gestalt hergestellt werden. Dafür würden auch die Emporen wieder aufgebaut. Die Grundmauern des "Betsaals" stammen aus dem Jahr 1756. In der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 brannte der Saal neben großen Teilen des Stadtzentrums nach Brandstiftung vollkommen aus. Von 1951 bis 1956 wurde er wieder aufgebaut und bot Platz für rund 600 Menschen.
Der schlicht in Weiß gehaltene Saal ist das Versammlungszentrum der Gemeinde und ihrer Gäste. Das Herrnhuter Kirchengebäude ist den Angaben zufolge Vorbild für Kirchsäle der Brüdergemeine weltweit - von Kanada bis Südafrika.
Die weiße Farbe der Wände und Bänke soll Reinheit, Freude und Erlösung symbolisieren. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts saßen Frauen und Männer im großen Saal getrennt. Bis in die Gegenwart heißt die linke Seite "Schwesternseite" und die rechte "Brüderseite". Den Saal nutzen auch die Förderschule der Herrnhuter Diakonie und die Evangelischen Zinzendorfschulen Herrnhut.
Bibelsoaps in Brasilien: "Das gelobte Land"
Warum uns das 2017 wichtig war: Die Fotografin Isabela Pacini hat schon viele außergewöhnliche Geschichten für evangelisch.de fotografiert. Unter anderem gewährte sie uns 2016 Einblick in brasilianische Familien und deren Meinung zu den umstrittenen Olymischen Spielen in ihrem Land. Das Thema der Bibelsoaps hatte sie uns vorgeschlagen, da auch ihre Familie in Brasilien den Telenovela-Hit "Das gelobte Land" gerne sieht und dies ein landesweites Phänomen ist, das die Bibel im Alltag der meisst katholischen Brasilianer noch mehr verankert. Ich war sofort begeistert. Sie erarbeitete eine visuell herausragende Fotoreportage für evangelisch.de. Die humorvollen, teils absurd anmutenden Fotos hinter den Kulissen des Drehorts zeigen eine Welt, in der unsere bildhaften Vorstellungen von Jesus Zeiten mit der modernen Welt aufeinander prallen. Zusammen mit dem Reporter Andreas Brehm, der einen Text zu dem Phömomen der erfolgreichen Seifenoper schrieb, entstand ein journalistischer Inhalt mit viel Herzblut, der mir persönlich sehr am Herzen liegt.
Anika Kempf, Fotoredakteurin bei evangelisch.de
Dieser Artikel wurde erstmals am 08.02.107 veröffentlicht.
Streit zwischen koreanischer Freikirche und Bistum Mainz vor Gericht
Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener
Das Mainzer Verwaltungsgericht hat am Donnerstag über eine Unterlassungsklage der evangelikalen koreanischen Jugendorganisation International Youth Fellowship (IYF) gegen das Bistum Mainz verhandelt.
Bei dem Verfahren geht es um kritische Äußerungen des katholischen Sekten- und Weltanschauungsbeauftragten Eckhard Türk, der vor einer Großveranstaltung des Vereins in Mainz im April 2016 zwei Interviews gegeben hatte. Das International Youth Fellowship (IYF) fühlte sich durch die Berichte im SWR-Fernsehen und in der "Mainzer Allgemeinen Zeitung" in die Nähe gefährlicher Sekten gerückt und dadurch diskriminiert (AZ: 1 K 577/17.MZ).
Die Jugendorganisation der Bewegung "Good News Mission" des südkoreanischen Pastors Ock Soo Park will Türk jegliche Äußerungen verbieten, die den Eindruck erwecken, von IYF gehe eine Gefahr aus, Besucher würden bei Veranstaltungen indoktriniert und IYF-Konzerte dienten lediglich als "Türöffner" für eine darauf folgende Bewusstseinserziehung. In den vergangenen Monaten habe IYF mancherorts Probleme bekommen, Hallen für ihre Muical-Aufführungen anzumieten, sagte die Anwältin der Organisation, Valentina Springer. In einem Fall sei die Absage ausdrücklich mit den Negativberichten aus Mainz begründet worden.
In der mündlichen Verhandlung erklärte Türk, er habe im Frühjahr 2016 etliche Anfragen von Bürgern und Behörden erhalten, nachdem IYF für eine mehrtägige Großveranstaltung mit Konzert die Mainzer Rheingoldhalle angemietet und in Stadtgebiet unzählige Einladungskarten verteilt hatte. So hätten einige Mainzer befürchtet, dass sie mit den Konzertfreikarten aus dem Haus gelockt werden sollten. Hinweise auf einen missionarischen oder religiösen Charakter hätten die Einladungen nicht enthalten.
Er selbst habe die Veranstalter in allen Gesprächen nicht als Sekte, sondern als "evangelische Freikirche aus Südkorea" bezeichnet. Zugleich habe er darauf hingewiesen, dass ihm "eine nicht unerhebliche Anzahl kritischer Einschätzungen"über IYF vorgelegen habe. Die Erkenntnisse seiner Recherchen habe er weitergegeben. Ausdrücklich gewarnt habe er vor einem Besuch in der Rheingoldhalle nicht, seine Äußerungen seien von der Zeitungsredaktion lediglich so interpretiert worden.
Im Gegensatz zu gewöhnlichen Unterlassungsklagen wurde der Rechtsstreit nicht an einem Zivilgericht verhandelt, weil die katholische Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts eine Sonderstellung einnimmt und der Weltanschauungsbeauftragte in seiner Eigenschaft als Bistumsvertreter gesprochen hatte. Ein Urteil soll am 22. Februar verkündet werden.
Die Frage der Woche, Folge 111: Wie war der Christliche Medienkongress?
Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und -Nutzer,
in den vergangenen Tagen (11.-13. Januar) war wieder der "Christliche Medienkongress" in Schwäbisch Gmünd. Der Kongress wird maßgeblich getragen und organisiert vom evangelikalen Spektrum der kirchlichen Publizistik, und deshalb ist es immer wieder ein Abenteuer, alle zwei Jahre da hinzufahren. Das tun wir auch, weil das GEP, in dem auch evangelisch.de gemacht wird, ebenfalls traditionell zu den Veranstaltern gehört.
Der Kongress lebt von zwei Teilen: dem geplanten Programm mit Rednern und Workshops und den Begegnungen drumherum. Die Redner werden meiner Beobachtung nach eher danach ausgewählt, dass sie Christinnen und Christen sind, fachliche Kriterien spielen da manchmal erst die zweite Geige. Das war diesmal größtenteils anders, und das hat dem Kongress gutgetan, auch wenn die Redner natürlich alle Christen und Christinnen sind.
Diesmal waren Anja Würzberg (Leiterin Fernsehredaktion Religion und Gesellschaft beim NDR), Martin Schleske (Geigenbauer und Autor unter anderem von "Der Klang"), Daniel Böcking (stellvertretender Chefredakteur der "Bild"), Jörg Bollmann (Direktor des GEP) und Heinrich Bedford-Strohm (EKD-Ratsvorsitzender) als Redner geladen, außerdem Marktforscher von Insa und aserto und fünf junge christliche Medienschaffende für ein Podiumsgespräch.
Schwierig war die obligatorische Hierarchen-Runde evangelischer Publizistik, mit Jörg Bollmann (GEP), Jörg Dechert (ERF), Christoph Irion (KEP) und Helmut Matthies (idea). Die aktuelle Kontroverse um die Abschaffung des Paragraphen 219a - Werbeverbot für Abtreibungen - drohte die Diskussion zu überlagern, aber Lars Harden von aserto wies die Runde zu Recht zurecht: Eine Gruppe aus lauter Männern sollte sich nicht anmaßen, diese Diskussion führen zu wollen, und bekam dafür deutlichen Applaus.
An der Runde wurden die Trennlinien aber wieder einmal deutlich, die zwischen unterschiedlichen Frömmigkeitsstilen bestehen. Wer nur eine Wahrheit zulassen kann, wird immer Konfrontationen auslösen. Gerade dann, wenn er sich nicht mit der Sache selbst befasst, sondern stattdessen die Vertreter der anderen Meinung in Bausch und Bogen verdammt. Wie das mit der Pluralität stattdessen gehen kann, hat Jörg Bollmann in seinem Vortrag gut beschrieben:
"Natürlich ist es Aufgabe der evangelischen Publizistik, in dieser Frage um den rechten christlichen Weg zu streiten. Aber bitte in Anerkennung der Freiheitsgrade, die der evangelischen Publizistik im Besonderen durch die Definition im publizistischen Gesamtkonzept und der Presse im Allgemeinen durch die grundgesetzlichen Bestimmungen eingeräumt werden. Und, ich sage es noch einmal, ich bitte um sachliche Fairness, liebevoll einander zugewandt in der gegenseitigen Achtung, dass alle von uns auf Grundlage ihrer Glaubensüberzeugungen handeln, kommunizieren und kommentieren."
Für mich ist diese gegenseitige Achtung diesmal in vielen Gespräche mit Menschen ganz unterschiedlicher Frömmigkeiten deutlich geworden. Ich gehöre nicht zu den Christen, die sich selbst vorwiegend über Christsein definieren. Ich gehöre nicht zu denen, die in allem, was sie tun, nach Spuren von Jesus suchen. Und erst recht nicht zu denen, die an Spontanheilung durch Gebete glauben und an Dämonen, die auf bedrückten Herzen lasten und von Menschen erspürt und weggebetet werden können, die vom Heiligen Geist gerade besonders durchdrungen sind. Auch solche Geschichten gab es auf dem Christlichen Medienkongress zu hören, und da steige ich dann aus.
Aber die Diskussionen waren ansonsten produktiv. Zum Beispiel bei der Idee, dass "regelmäßige Bibellektüre" das entscheidende Kriterium für Christlichkeit sein solle. Da erhebe ich Widerspruch, aber es hat sich eine gute Twitter-Diskussion daraus ergeben. Das ist das positive Fazit, das ich von meinem diesjährigen Besuch in Schwäbisch Gmünd ziehen kann: Ich hatte gute Diskussionen, offline und online, die sich aus einer entspannteren Haltung zwischen Evangelikalen und Landeskirchlern ergeben haben (die oben angesprochenene Kontroverse explizit ausgenommen). Diese Entspannung bei mir selbst zu erleben und trotzdem fest auf der Basis meines eigenen Glaubensverständnis zu stehen, hat mir auch ein bisschen gut getan. Ich habe mit diesem entspannten Umgang vorher so nicht gerechnet. Es ist eben auch gut, immer wieder überrascht werden zu können.
Ich wünsche euch und Ihnen einen guten Start in die Woche!
Wenn Sie Fragen zu evangelisch.de oder unseren Themen haben, sind die Redaktion und ich auf vielen verschiedenen Kanälen erreichbar:
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Alle Fragen zu Kirche und Glauben beantwortet Ihnen unser Pastor Frank Muchlinsky auf fragen.evangelisch.de.
Ich werfe an dieser Stelle mehr oder weniger regelmäßig einen Blick auf die vergangene Woche und beantworte außerdem Ihre Fragen zu evangelisch.de, so gut ich kann. Ich wünsche euch und Ihnen einen gesegneten Start ins Wochenende!
Methodisten gründen Netzwerk für Flüchtlingsarbeit
Foto: Dan Race/fotolia
Die Methodisten bieten Hilfe an zu Themen wie Asylantrag, Kirchenasyl oder auch Taufunterricht.
Nach einem Treffen im Januar hat die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) in Deutschland ein neues Netzwerk zur Unterstützung der Flüchtlingsarbeit gegründet. Die bereits bestehende Webseite emk-fluechtlingsarbeit.de wird weiter ausgebaut und als Plattform der Netzwerkarbeit zur Verfügung stellen. Dort werden alle EmK-Gemeinden künftig wertvolle Informationen zum gesamten Themenbereich Flüchtlingsarbeit finden. Themen wie Asylverfahren, Glaubenskurse, Mehrsprachigkeit, aber auch Informationen über Kirchenasyl und Taufunterricht sowie Härtefalldossiers werden dort zur Unterstützung der Arbeit in den einzelnen Gemeinden aufbereitet.
Eine der häufigsten Fragen aus den EmK-Gemeinden war der Umgang mit konkreten Bitten um Kirchenasyl. Dazu lieferten Gemeinden, die solche Erlebnisse schon selbst gemacht haben, bei dem Januar-Treffen von Vertretern der drei Jährlichen Konferenzen ihre Erfahrungen zu. Auch die Integration neuer methodistischer Kirchenmitglieder aus anderen Ländern war und bleibt ein Thema, das auf der überarbeiteten Internetseite mit praktischen Hinweisen beantwortet werden soll.
Neben der Webseite treffen sich in dem Netzwerk zur Flüchtlingsarbeit Menschen, die aus ihren eigenen Gemeinden Praxiserfahrungen mitbringen. Ziel ist, dass alle Gemeinden bei der Arbeit mit geflüchteten Menschen von der Erfahrungen anderer profitieren können.
Matthias Pankau als neuer Leiter von "idea" eingeführt
Foto: idea/Wolfgang Köbke
Mit einem Gottesdienst, Grußworten und einer Podiumsdiskussion ist der langjährige Leiter von "idea", Helmut Matthies, am 1. Februar 2018 in Wetzlar verabschiedet worden. Matthies übergibt die Leitung von "idea" an seinen Nachfolger Matthias Pankau.
Helmut Matthies hatte 1977, damals 27 Jahre alt, bei "Idea" angefangen und 1978 bereits die Leitung übernommen. Der "idea"-Gründer und Ehrenvorsitzende Horst Marquardt zeichnete die Entwicklung von "idea", an der Matthies maßgeblichen Anteil hatte, in seiner Laudatio nach. "Orientierung im ethischen Chaos der Gegenwart" und die unverfälschte Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi habe Matthies' Arbeit immer bestimmt, sagte Marquardt. Die Auflage der Zeitschrift "idea Spektrum", erstmals 1979 erschienen, habe Matthies von 2.000 zu Beginn auf heute 28.000 gesteigert.
Zuvor gab es einen Gottesdienst im Wetzlarer Dom zum Leitungswechsel. Die Predigt hielt Carsten Rentzing, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Sachsen, die Fürbitten sprachen der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Christen Anba Damian und Ekkehart Vetter, Präses der Deutschen Evangelischen Allianz. In der Predigt empfahl Rentzing dem neuen "idea"-Chef Matthias Pankau "keinen falschen Eifer", sondern das Vertrauen auf Jesus Christus. Der koptische Bischof Anba Damian bestärkte "idea" in seiner Fürbitte, sich nicht vom Evangelium abzuwenden, und lobte unter anderem den Einsatz für verfolgte Christen.
Landesbischof Rentzing versicherte in seiner Predigt außerdem, die sächsische Landeskirche werde auch weiter darauf achten, "dass die Meinungsvielfalt in der evangelischen Journalistik erhalten bleibt". Die Synode der sächsischen Landeskirche hatte im November 2017 beschlossen, "idea" 2018 einmalig mit 15.000 Euro zu unterstützen. Hintergrund der Entscheidung war der Beschluss der EKD-Synode, die Unterstützung für "idea" aus dem EKD-Haushalt in den kommenden zwei Jahren zu streichen.
Bisher hatte "idea" 132.000 Euro jährlich bekommen. 2018 werden es noch 90.000 Euro sein, 2019 noch 60.000 Euro und danach wird der Zuschuss wegfallen. Das Geld wird stattdessen über einen Innovationsfonds für evangelikale Publizistik an Projekte vergeben, die sich dafür bewerben können. Bei der Feier zum Leitungswechsel sagte Matthies, dass diese Entscheidung für eine Vielzahl an Spenden gesorgt habe, so dass die Arbeit von "idea" gesichert sei.
Der neue Leiter von "idea", Matthias Pankau, ist 1976 in Leipzig geboren und in einem evangelischen Haushalt in der DDR aufgewachsen. Der Fall der Mauer war für ihn ein prägendes Erlebnis, sagte er bei seiner Vorstellung in Wetzlar. 1995 bis 1997 volontierte er bei "idea" und studierte anschließend Theologie in Heidelberg, Leipzig und an der Hochschule der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) in Oberursel. Pankau hat das "idea"-Redaktionsbüro Ost aufgebaut und wurde 2008 zum Pfarrer im Ehrenamt in der sächsischen Landeskirche ordiniert.
Pankau steht für Kontinuität bei "idea"
Pankau kündigte an, den "erfolgreichen Kurs, den Helmut Matthies aufgebaut hat", fortzusetzen. Inhaltlich stünde er für Kontinuität bei "idea": im Inhalt theologisch konservativ, in der Form "so modern wie es geht". Neben dem Printprodukt "idea Spektrum" müsse die Aufmerksamkeit des Informationsdienstes darin liegen, jüngere Menschen und Außenstehende für die "idea"-Produkte zu gewinnen.
Helmut Matthies gab seinem Nachfolger mit auf den Weg, auch weiterhin bei allem Arbeiten immer Christus vor Augen zu haben und das Bekenntnis in Wort und Tat zu leben. "Das Wort der Bibel ist nicht verhandelbar", betonte er bei der Übergabe des symbolischen Staffelstabes an Matthias Pankau. Matthies gibt die Leitung von "idea" ab, wird aber ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender des Vereins.
Neben dem Informationsdienst und der Webseite umfasst "idea" auch das Wochenmagazin "idea Spektrum", den Kongress Christlicher Führungskräfte und die Medienagentur "zeichensetzen". Die Gruppe hat eigenen Angaben zufolge über 50 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von fast fünf Millionen Euro.
Christen sollen in der Gesellschaft deutlicher Stellung beziehen
Bei der Podiumsdiskussion zum Festakt sollte es in großer Runde um die Rolle christlicher Publizistik gehen. Die Diskussion weitete sich aber bis auf die Rolle von Christen allgemein aus. Die Autorin Birgit Kelle wünschte sich ein deutlicheres Bekenntnis christlicher Journalisten in säkularen Medien zu ihrem Glauben: "Wir sind nicht Minderheit, wir fühlen uns nur so", sagte die Katholikin und beklagte: "Christen in der Publizistik, die verstecken sich."
Fernsehmoderator und Buchautor Peter Hahne sagte: "Das Fromme in den säkularen Medien ist kein Quotenkiller." Als Beispiele führte er die Einschaltquoten für Fernsehgottesdienste an und das Aufgreifen christlicher Themen in "Bild" und "Bild am Sonntag", für die der Theologe Hahne selbst als Kolumnist tätig ist.
Christoph Waffenschmidt, Vorsitzender von World Vision Deutschland, rief dazu auf, sich selbstverständlicher als Christen zu zeigen. Auch der Direktor des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik (GEP), Jörg Bollmann, und der Kommunikationsberater Michael Inacker sprachen sich dafür aus, dass Christen in der Gesellschaft deutlicher Stellung beziehen. Inacker, Vorstandsvorsitzender der Internationalen Martin-Luther-Stiftung, forderte Christen auf, ein "Hefeteig" zu sein, der dem Gemeinwesen hilft, zu gedeihen und sich an christlichen Werten auszurichten.